Klar, bezahlen muss man natürlich nach wie vor, das geht dann aber simpel über das eigene Smartphone/Tablet, über das man sich beim Betreten des Ladens anmeldet. Mittels Scanner und Kameras werden die Artikel, die der Kunde aus dem Regal nimmt, registriert. Und beim Verlassen des Ladens wird abgerechnet - über den Amazon Account und die hinterlegte Zahlungsart. Man braucht also nur einen Amazon-Account sowie eine entsprechende Amazon Go-App.
Lästige Wartezeiten an der Kasse sind laut Amazon damit passé. In Seattle, der Heimatstadt des Unternehmens, gibt es auch bereits den ersten Testlauf - jedoch erst mal nur für Amazon-Mitarbeiter. Wann genau der Service auf „normale“ Bürger ausgeweitet wird, ist gegenwärtig noch nicht bekannt. Amazon gibt aktuell noch "Anfang 2017" für die USA an und plant zumindest schon mal mit 2.000 Filialen in den nächsten zehn Jahren.
So weit so innovativ. Amazon wäre nicht Amazon, wenn die gläserne Struktur der Kunden nicht noch wesentlich mehr Potenzial für den Konzern bieten würde. Denn er wird – und das klingt eben weniger gut – komplett vermessen: Digital über eine App UND analog via Scanner & Kameras, die im Laden zweckdienlich angebracht werden. Über die genaue Technologie hüllt sich Amazon noch in Schweigen. Das entsprechende Patent wurde jedoch bereits 2013 eingereicht und lässt sich hier nachschlagen.
Jeder Griff zu einem Artikel – ob er nun gekauft wird oder nicht – wird registriert und als Datenpaket fein säuberlich zur weiteren Verwendung abgelegt. Auch die Emotionen des Kunden beim Betreten und Verlassen des Ladens sowie beim Griff zu den Artikeln werden dabei komplett aufgezeichnet und sehr wahrscheinlich umfassend analysiert.
Datenschutzbeauftragte schlackern hier natürlich ganz besonders mit den Ohren, denn der Kunde gibt damit vielfältige Informationen über sich preis: Was isst er am Liebsten, wie oft genehmigt er sich Süßes, alkoholische Getränke oder Tabakwaren, kauft er nur für sich oder ggf. mit seiner Familie ein, welches Duschbad verwendet er und an welchen Tagen und zu welcher Uhrzeit kauft er ein? Jede Menge Informationen also, die zu einem allumfassenden Persönlichkeitsprofil beitragen können. Nach drei, vier Einkäufen kann Amazon weitere Angebote mit dem Profil verknüpfen.
Und indem diese Informationen dauerhaft analysiert werden, könnte Amazon auch zielgerichtet Werbung auf das Konto des Amazon-Kunden schalten. Ein Verkauf der gesammelten Daten an externe Unternehmen ist auch nicht auszuschließen. Da der Durchschnittskunde jedoch Bequemlichkeit schätzt, ist ihm die Bequemlichkeit näher als sein individuelles Entscheidungsverhalten. Es ist eigentlich erschreckend anzusehen, wie auch gerade junge Menschen gerne bereit sind, ihr Menschsein, ihre Individualität für die Masse der statistischen Vorteile hinzugeben.
Ob der Service überhaupt in Europa und speziell auch in Deutschland Realität wird, steht natürlich noch in den Sternen. Politik und Gesellschaft müssen sehr genau schauen, was passiert, wenn die digitale Einkaufslogistik aus dem Netz allumfassend in die wirkliche Welt hinüberschwappt.
(R. Altenkirch/adm)